Tangente, Tangentengleichung aufstellen
Das Wort Tangente kommt aus dem lateinischen (tangere) und bedeutet soviel wie „berühren“.
Die Frage nach der Steigung einer Funktion an einer Stelle war eine zentrale Fragestellung, die schließlich zur Entwicklung der Analysis geführt hat.
Geometrische Herleitung
Die Tangente kann auch geometrisch hergeleitet werden. Man fängt mit einer Sekante an, also mit einer Geraden, welche die Kurve nicht in einem, sondern in zwei Punkten schneidet. Die Sekante (rot) in unserem Beispiel schneidet die Kurve (blau) an den Stellen x und x+h. Die Steigung der Sekante kann durch die zwei Schnittpunkte mit der Kurve ermittelt werden. Der resultierende Term ist der Differenzenquotient:
Steigung der Sekante = \( \displaystyle m = \frac{y_2-y_1}{x_2-x_1} = \frac{\Delta y}{\Delta x} = \frac{f(x+h)-f(x)}{h} \)
Die beiden Punkte werden auf der x-Achse durch die Länge h voneinander getrennt. Indem wir h immer kleiner werden lassen, strebt auch die Sekante immer weiter in Richtung der Tangente. Dies wird durch den Differentialquotient ausgedrückt:
Die Abbildung rechts veranschaulicht dieses Verhalten noch einmal. Die Sekante schneidet die Funktion anfangs noch an den Stellen x und x+h2. Da der Grenzwert h immer kleiner werden lässt, nähert sich die Sekante immer weiter der Tangente an. Schließlich wird h unendlich klein. Ist dies passiert, dann schneidet die Gerade die Kurve nur noch in einem einzigen Punkt. Aus der Sekante wurde somit die Tangente.
Daher gilt:
Die Steigung der Tangente der Funktion f(x) an der Stelle x ist
Mathematisch betrachtet ist die Steigung der Sekante die durchschnittliche Änderungsrate zwischen zwei Punkten, während die Steigung der Tangente die momentane Änderungsrate ist.
Tangentengleichung aufstellen
Es gibt zwei verschiedene Methoden, wie man die Tangentengleichung aufstellen kann. Die erste Methode ist rechnerisch gesehen die einfachere, erfordert allerdings, dass man eine Gleichung auswendig lernt. Die zweite Methode ist zwar vom Rechenaufwand her aufwändiger, kann aber einfacher (beispielsweise in einer Klausur) hergeleitet werden. Beide Methoden verlangen allerdings, dass man die erste Ableitung bildet.
Methode #1: allgemeine Tangentengleichung
Die Gleichung der Tangente t(x) an der Stelle a ist:
Durch einfaches Einsetzen der Werte in die Gleichung und Ausmultiplizieren hat man sofort und mit geringem Rechenaufwand die Tangentengleichung aufgestellt.
Methode #2: Gerade durch einen Punkt mit bekannter Steigung
In diesem Beispiel werden wir die Tangentengleichung der Funktion f(x) = x³+2x²+5x-4 die an der Stelle x = 5 aufstellen.
Zuerst müssen wir die erste Ableitung bilden:
f'(x) = 3x²+4x+5
Als nächstes müssen wir die Steigung der Funktion f(x) an der Stelle bestimmen. Geometrisch gesehen entspricht die Ableitung an einer Stelle der Steigung der Tangentenlinie an der Kurve der Funktion an diesem Punkt. Wir müssen also nur die gesuchte Stelle in die Ableitung eingeben, um die Steigung der Funktion an dieser Stelle zu ermitteln.
f'(5) = mt = 100
Um die Gleichung einer Grade aufzustellen, benötigen wir aber noch einen Punkt, durch den die Gerade verläuft. Da die Tangente die Funktion in einem Punkt berührt, haben Tangente und Funktion diesen Punkt gemein. Wir müssen also nun 5 in die Ausgangsfunktion einsetzen:
f(5) = 196
Damit haben wir genügend Informationen, um eine Tangentengleichung aufzustellen: mt = 100 und P(5; 196). Eine Gerade genügt der Gleichung y = m · x+b. Durch Einsetzen der Werte, die wir haben, können wir den y-Achsenabschnitt b errechnen:
y | = | mt · x+b |
196 | = | 100 · 5+b |
196 | = | 500+b |
-304 | = | b |
Die Tangentengleichung der Funktion f(x) an der Stelle x = 5 lautet somit:
y = 100 · x-304
Tangentengleichung als Taylorreihe
Zum Hauptartikel Taylorreihe
Taylorreihen werden in der Mathematik verwendet, um komplexe Funktionen durch einfachere Näherungsweise darzustellen (approximieren). Je mehr Glieder eine Taylorreihe besitzt, desto genauer entspricht der Wert der Taylorreihe der Ausgangsfunktion. Eine Taylorreihe mit 2 Gliedern entspricht genau der Tangentengleichung:
Taschenrechner mit eingebautem CAS besitzen manchmal keine spezielle Funktion, um die Tangentengleichung zu berechnen, häufig aber eine Funktion für Taylorreihen.
Auch unser Kurvendiskussionsrechner gibt automatisch die allgemeine Tangentengleichung als Teil der Kurvendiskussion aus.
Steigung in Grad
Die erste Ableitung gibt die Steigung der Funktion als Verhältnis von der Höhe zu der Breite eines entsprechenden Steigungsdreicks. Oft benötigt man allerdings die Steigung in Grad. Um die Steigung der ersten Ableitung in Grad umzurechnen, benötigen wir die inverse Tangensfunktion, geschrieben als tan-1(x) oder atan(x). Die Steigung in Grad einer Funktion an der Stelle x ist daher:
Steigung in Grad = tan-1(f'(x))