Wahrscheinlichkeit
Jeden Tag begegnen wir Aussagen über die Wahrscheinlichkeit von Ereignissen. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine weitere Bank pleite geht, liegt bei 41,4%. Die US-amerikanische Bank Morgan Stanley sieht eine Wahrscheinlichkeit von 40%, dass das Bundesverfassungsgericht den Eilanträgen gegen den ESM stattgeben wird. Martin geht davon aus, dass er eine 50% Chance hat, die Ja-Nein-Frage richtig zu beantworten. All dies sind Beispiele, für Wahrscheinlichkeiten, mit denen wir täglich in Berührung kommen.
Wenn wir Wahrscheinlichkeiten berechnen, geben wir deren Wert mit einer Zahl zwischen 0 und 1 an. Prozentangaben zwischen 0 und 100% entsprechen diesem Wert zwischen 0 und 1.
Wahrscheinlichkeit ordnet dem Eintreten eines Ereignisses einen numerischen Wert zwischen 0 und 1 zu. Je näher die Wahrscheinlichkeit an der Zahl 1 ist, desto eher wird das Ereignis eintreten.
- Ist die Wahrscheinlichkeit gleich 1, so wird das Ereignis garantiert eintreten. Man spricht von einem sicheren Ereignis.
- Ist die Wahrscheinlichkeit gleich 0, so wird das Ereignis nicht eintreten. Man spricht von einem unmöglichen Ereignis.
In der Mathematik werden Angaben über die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses über die Schreibweise P(A) = 0,1 gemacht, wobei P für das englische Wort für Wahrscheinlichkeit (probability) steht, A das Ereignis ist, dessen Wahrscheinlichkeit berechnet wird und der Wert nach dem Gleichheitszeichen (in diesem Fall 0,1) der numerische Wert für das Eintreten von A ist.
Es ist wichtig zu wissen, was die Zuweisung einer Wahrscheinlichkeit zu einem Ereignis bedeutet, da wir dies relativ häufig im Alltag tun, ohne viel Zeit mit der eigentlichen Berechnung zu verbringen. Auch und gerade deshalb:
- Die intuitive Zuordnung einer Wahrscheinlichkeit zu einem Ereignis erfordert eine gewisse Erfahrung oder Meinung, wie sich die Zukunft verhalten könnte.
- Man kann die Wahrscheinlichkeit auch mit der relativen Häufigkeit berechnen. Die relative Häufigkeit gibt an, wie häufig ein für uns günstiges Ereignis in einer Gesamtmenge von Ereignissen vorkommt. Dazu ein Beispiel: in einer Schulklasse sind 20 Schüler, 11 davon sind Mädchen, die restlichen 9 Jungs. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein zufällig ausgewählter Schüler ein Mädchen ist, beträgt:
\( P(\mathrm{M\ddot{a}dchen})\;=\;\dfrac{\mathrm{H\ddot{a}ufigkeit\; eines\; Elements\; in\; einer\; Stichprobe}}{\mathrm{Anzahl\; aller\; Elemente\; in\; der\; Stichprobe}}\;=\;\dfrac{11}{20} \) - Ist die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten der Ergebnisse gleich, so kann die Wahrscheinlichkeit mit der Formel von Laplace berechnet werden: \( P(A)\;=\;\dfrac{\mathrm{Anzahl\; der\; g\ddot{u}nstigen\; Ergebnisse}}{\mathrm{Anzahl\; aller\; m\ddot{o}glichen\; Ergebnisse}} \)
Kurze Geschichte der Wahrscheinlichkeit
Die grundlegenden Konzepte und Ideen der Wahrscheinlichkeitsrechnung gab es bereits vor etlichen hundert Jahren, aber Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik wurden nicht bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts als eigenständiger Zweig der Mathematik anerkannt. In Frankreich war zu dieser Zeit das Glücksspiel weit verbreitet, da es nicht durch Gesetze verboten wurde. Je komplizierter das Spiel, desto höher die Gewinnmöglichkeiten. So entstand der Bedarf, nach mathematischen Möglichkeiten Chancen auf Sieg oder Niederlage genau zu berechnen.
Die eigentliche Geburtsstunde der Wahrscheinlichkeitsrechnung beginnt aber, als der Edelmann Blaise Pascal nach der Antwort des Geburtsproblems fragte, wie wir sie heute kennen. Ein Freund Pascals, Chevalier de Méré, betrieb häufig Glücksspiel, um sein Geld zu vermehren. Er wettet, dass wenn er den Würfel vier mal hintereinander wirft, mindestens einer der Würfe eine 6 sein wird. Aus seiner Erfahrung wusste er, dass dies häufiger gelang als nicht. Um das Spiel interessanter zu machen, veränderte er Regeln. Jetzt musste er zwei Würfel 24 mal werfen, wobei in mindestens einer der Würfe beide Würfe eine 6 haben mussten, damit er gewann. Schnell merkte er, dass er mit dieser Methode weniger Geld machte als zuvor. Er fragte seinen Freund Pascal, warum dies so sei. Der berechnete, dass die Wahrscheinlichkeit zu gewinnen mit den neuen Spielregel bei 49,1% sei, während sie mit den alten Spielregeln bei 51,8% lag.
Die Fragestellung, wie sie von Chevalier de Méré formuliert wurde, soll der Überlieferung nach einen Schriftverkehr zwischen Blaise Pascal und den französischen Mathematiker Pierre de Fermat begründet haben. Historiker glauben, dass die ersten Briefe zwischen den beiden sich mit dem Würfelproblem und anderen Fragestellungen der Wahrscheinlichkeitsrechnung beschäftigt haben. Daher gelten Blaise Pascal und Pierre de Fermat als Begründer der Wahrscheinlichkeitsrechnung.
Heutzutage ist Wahrscheinlichkeitsrechnung nicht mehr nur auf Glücksspiel beschränkt. Vor allem im Versicherungswesen, der gewerblichen Qualitätssicherung, der Quantenmechanik, in der Genetik und vielen weiteren Bereichen spielen Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik eine entscheidende Rolle.