Bias
Schlecht konzipierte Befragungen oder Experimente haben meistens einen Bias bzw.einen systematischen Fehler, der einen bestimmten Teil einer Population bevorzugt.
Es gibt viele verschiedene Arten von Bias, von denen die wichtigsten untenstehend zusammengefasst sind.
Antwortfehler, Antworttendenz, Antwortverzerrung (Response Bias)
Manchmal kann die Frage in einem Fragebogen selbst Auslöser eines Bias sein. Menschen wollen in der Regel, das andere sie in einem positiven Licht sehen. Daher tendieren ihre Antworten häufiger in eine Richtung, die nicht zwangsläufig den Tatsachen entspricht, allerdings den Befragten besser darstellt als er bzw. sie realistisch betrachtet ist.
Werden Jugendliche beispielsweise vor ihren Eltern zu ihren Erfahrungen mit Alkohol befragt, ist es wahrscheinlich, dass ihre Antworten eher dem entsprechen werden, was ihre Eltern hören wollen. Ein Jugendlicher der weiß, dass Mutter und Vater gegen Alkohol sind, würde wahrscheinlich nur ungern zugeben, schon mehrmals betrunken gewesen zu sein.
Nonrespone Bias
Tritt auf, wenn eine Person, die für ein Interview oder Experiment vorgesehen war, nicht kontaktiert werden kann oder auf zugeschickte Fragebögen nicht antwortet. Ein beliebtes Beispiel sind Fragebögen, die per Post verschickt werden. Sie haben üblicherweise nur eine niedrige Rücklaufquote.
Manchmal wollen Personen, die ausgewählt wurden, allerdings nicht antworten. Auch kann es sein, dass die betreffende Person nicht kontaktiert werden kann (wenn die Person beispielsweise in Urlaub ist) oder es zu aufwendig ist, sich mit der Person mit Verbindung zu setzen.
Um die Rücklaufquote bzw. Antwortrate zu erhöhen können beispielsweise finanzielle Anreize wie Geld gegeben werden. Zusätzlich haben kurze, einfache Fragebögen höhere Antwortraten.
Voluntary Response Bias
Ein voluntary respone bias (zu deutsch: Bias durch freiwillige Antwort) entsteht dann, wenn Personen sich freiwillig für Experimente und Untersuchungen ohne Gegenleistung anbieten. Die Verzerrung entsteht dadurch, dass solche Personen in der Regel eine starke und oft auch festgefahrene Meinung haben und ein Forum suchen, indem sie diese Meinung äußern können. Menschen, die hingegen eine gemäßigtere Meiung vertreten, kommen nicht zu Wort, auch wenn sie vielleicht die Mehrheit bilden.
Vor allem bei kontroversen Themen wie beispielsweise Abtreibung, Krieg, Steuererhöhungen oder Politik finden sich besonders viele Menschen, die eine bestimmte Meinung vertreten und diese auch publik machen wollen. Bei einer solchen freiwilligen Selektion wird die Meinung dieser Personen überrepräsentiert.
Rechts sind die Bewertungen des bestseller Romans Shades of Gray bei Amazon.com zu sehen. Die meisten Bewerter gaben dem Buch die Höchstwertung von 5 aus 5 Sternen. Am zweithäufigsten wurde allerdings die niedrigste Bewertung, 1 aus 5 Sternen, vergeben.
Tendenz zur Mitte (error of central tendency)
Führt man eine Befragung mittels einer Skala durch, tendieren die Antworten der befragten Personen eher zum Mitte als zu extremeren Werten. Um auszuschließen, dass Teilnehmer den genau mittigen Wert wählen, werden Skalen mit einer geraden Anzahl an Items verwendet. Hiermit kann sicher gestellt werden, dass bei der Befragung kein neutraler Wert gewählt werden kann.
Undercoverage Bias
Beim undercoverage Bias ist ein bestimmter Teil der Population nicht Teil der Stichprobe. Daher repräsentiert das Endergebnis nicht mehr korrekt die gesamte Bevölkerung.
Vor Wahlen werden beispielsweise häufig Haushalte zufällig angerufen und danach befragt für welche Partei sie ihre Stimme abgeben würden. Dies berücksichtigt allerdings nur solche Haushalte, die einen Festnetzanschluss haben bzw. ihre Handynummer ins Telefonbuch eingetragen haben. Jugendliche, die wahlberechtigt sind, haben häufig lediglich ein Mobiltelefon, ohne Festnetzanschluss. Sie werden bei einer solchen Befragung deshalb nicht berücksichtigt. Das Gleiche gilt für Haushalte, die gar kein Telefon besitzen, auch diese werden nicht erfasst.
Convenience Sample
Ein convenience sample (zu deutsch: eine Stichprobenauswahl aus Bequemlichkeit) ist eine Form des undercoverage Bias. Es bezeichnet eine Stichprobenauswahl anhand von einfacher Verfügbarkeit der Versuchspersonen oder Befragten.
Hier ein Beispiel: Ein Student möchte wissen, wie viele seiner Kommilitonen ihre eigenen Getränke mitbringen. Deshalb kommt er etwas früher und befragt die ersten 30 Kommilitonen, die zur Tür herein kommen. Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass hierbei nichts zu beanstanden sei. Allerdings sind nur solche Studenten befragt worden, die ebenso früher zur Uni kommen. Die meisten kommen eventuell mit dem Auto. Auch wenn dies vielleicht irrelevant erscheint, aber die ausgesuchte Stichprobe erfasst die Population nicht repräsentativ.
Overcoverage Bias
Das Gegenstück zum undercoverage Bias ist das overcoverage Bias. Wenn Personen zwar zur Stichprobe gehören, aber nicht zur Population, spricht man vom overcoverage Bias. Man spricht auch von overcoverage wenn eine Person mehr als einmal befragt wurde und daher mehr als einmal in der Stichprobe auftaucht. Wissenschaftler verwenden den selben Begriff für beide Situationen. Daher ist es wichtig sich genau die Studie anzuschauen, um zu sehen, um welchen Fall es sich genau handelt.
Hier ein Beispiel: Man will die häufigste Todesursache für einen Ort ermitteln. Dazu schaut sich ein Wissenschaftler die Archive und Patientenakten der letzten 25 Jahre an. Wenn eine Person geheiratet, ihren Namen geändert hat und den Arzt wechselte, legten dieser eine neue Akte an. Der alte Arzt hingegen wurde bei Tod auch informiert und schrieb die Todesursache in der Akte. Daher kann es vorkommen, dass die selbe Person mehr als einmal repräsentiert wird.
Aufgrund des guten Rufs einiger Ärzte in dieser Region kommen einige Patienten auch von außerhalb, um sich in diesem Ort behandeln zu lassen. Werden versehentlich solche auch mit in die Stichprobe aufgenommen, spricht man auch von einem overcoverage Bias.
Wording Effekt Bias
Der wording effekt Bias tritt auf, wenn irreführende Fragen oder Suggestivfragen (Fragen, deren Antwort in der Frage impliziert ist) gestellt werden. Hier ein Beispiel:
Ein Item in einem Fragebogen lautet: „Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt, nur zwei Mal pro Woche Fleisch zu essen. Wie häufig essen Sie Fleisch in der Woche?“ Das Problem bei dieser Art der Fragestellung ist, dass bereits ein empfohlener Richtwert angegeben wurde. Viele Teilnehmer würden einen Wert von zwei oder weniger angeben. Um dies zu vermeiden, könnte man einfach fragen wie häufig der Proband Fleisch in der Woche isst, ohne einen Richtwert anzugeben. Noch genauer wäre es, wenn ein Ernährungstagebuch geführt würde, das später ausgewertet wird. Dies ist zwar genauer, aber auch zeit- und kostenaufwendiger.
Quota Sampling Bias
Ein quota sampling bias tritt auf, wenn es den Versuchsleitern überlassen wird, die Versuchspersonen selber auszuwählen, beispielsweise um eine gewisse Anzahl an Frauen, Männern, Christen, Muslime oder andere Gruppen zu erreichen. Diese Art der Stichprobe wird auch Quotenstichprobe genannt. Eine Quotenstichprobe ist keine Zufallsstichprobe.
Da bei dieser Stichprobenart die Versuchsleiter selbst entscheiden, wer befragt wird und wer nicht, entstehen Verzerrungen. So werden vielleicht eher Menschen befragt, die hilfsbereit aussehen oder solche, die keinen Abstand zu den Versuchsleitern suchen. Auch diese Art der Probandenwahl sorgt dafür, dass die Population nicht repräsentativ erfasst wird.